Liebe Leserinnen und Leser,
wie oft haben Sie schon im Stillen gedacht oder laut gesagt: „Hinterher ist man immer schlauer!“?
So ging es auch den Jüngern Jesu, denen sich auf dem Weg nach Emmaus der Auferstandene anschloss. Sie hatten ihn nicht erkannt und sie wunderten sich darüber, dass er so unwissend fragte, was sie so beschäftigt, wo doch gefühlt die ganze (Jerusalemer) Welt in Aufruhr war. Sie hatten doch gerade das schlimmste Ereignis ihres Lebens erlebt, hatten all ihre Hoffnungen fahren lassen müssen, als ihr HERR und Freund Jesus erst gefangen genommen, gequält und ungerecht verurteilt und dann auch noch gekreuzigt wurde. Und dann war auch noch plötzlich der Leichnam verschwunden aus dem Grab… Die beiden Jünger brauchten erst einmal ein wenig Abstand und Ruhe, um die Gedanken und Gefühle zu sortieren. Sie verstanden irgendwie gar nichts mehr…
Der Auferstandene geht inkognito mit ihnen, hört sich seine eigene Geschichte an und hilft dem Glauben der beiden Jünger schließlich auf die Sprünge: dafür fasst er noch mal alles zusammen, was in der Heiligen Schrift über das Kommen und Wirken des Gottessohnes geweissagt wurde. Ein Erkennen geschieht bei den Jüngern aber erst, als Jesus das Brot für sie bricht: da erkennen sie ihren Herrn, der vor wenigen Tagen in Gethsemane für sie das Brot gebrochen hat, endlich wieder und können bekennen: ja, er lebt! Unser HERR Jesus ist auferstanden! Hinterher ist man immer schlauer! Und manchmal braucht man eben noch eine Extra-Portion Überzeugungskraft…
Für uns heute ist das Geschehen unglaublich lange her, und viele tun sich schwer damit – gerade mit der Auferstehung Jesu von den Toten und der Verheißung der Auferstehung für alle, die gestorben sind, am Ende der Zeit. So viele Fragen tauchen da auf und suchen nach Beantwortung, suchen rationale Erklärungen auf ein irrationales Geschehen. Die gibt es nicht!
Kürzlich fragte mich ein älterer Herr, was ich von „diesen Reden über das, was nach dem Tod kommt“ halte, ob ich das für wahr halte. „Hinterher ist man immer schlauer!“ gilt wohl auch da, nur dass kein Echo aus dem „Hinterher“ uns im Heute je erreicht hat. Aber ich will mir gern die Freiheit erlauben, an der Hoffnung, ja an dem Glauben an ein erlöstes Leben in Gottes Ewigkeit festzuhalten, der ungezählten Generationen vor mir geholfen und Mut gemacht hat.
„Brannte nicht unser Herz?!“ stellten die Jünger in Emmaus fest, als sie beim Brotbrechen endlich Jesus erkannt hatten. Ist Ihnen das vielleicht auch schon mal passiert, so ein „heiliger Moment“? Ein Moment, der im rationalen Erleben eine irrationale Botschaft oder Erkenntnis vermittelt? So ein heiliger Moment kann eine Abendmahlsfeier sein… oder ein grandioser Regenbogen, der sich über die heillose Welt spannt… oder wohltuende Klänge, die das Innerste anrühren und zum Schwingen bringen. Den Jüngern hat auch die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift geholfen; mir persönlich gilt der Auferstehungsruf in der dunklen Stadtkirche in der Osternacht immer als solch ein besonderer Moment.
Die bevorstehenden Feiertage Mitte April bieten viele Möglichkeiten für „heilige Momente“, ob bei den Abendmahlsfeiern oder in der Stille des Karfreitags, ob in der Osternacht oder beim frühen Auferstehungsruf samt Halleluja inmitten von Gräbern auf dem Friedhof am Ostermorgen. Ostern bietet so viel mehr als bunte Eier und Schokohasen – und hinterher ist man vielleicht sogar schlauer!
Gesegnete Tage wünscht Ihnen
Ihre Pfarrerin Christiane Schmidt!