Schlosskirche im Schloss Hartenfels
"Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige (*1503, 1532-1547, +1554) war nicht nur ein Fürst der Renaissance, sondern vor allem auch ein bewußter und bis zu seinem Tode getreuer Gefolgsmann Martin Luthers, von tiefer Frömmigkeit erfüllt und ein Förderer der Reformation" (O. Thulin). Für den kurfürstlichen Hof läßt er von dem Baumeister Nickel Grohmann im Schloss Hartenfels eine Kapelle bauen.
Die Schlosskapelle hebt sich aus dem gesamten Baukörper des Schlosses Hartenfels lediglich durch das Portal hervor, das Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu zeigt. Sechs Engel tragen die Leidenswerkzeuge Christi. Der rechte Portalsockel zeigt einen Engel mit dem Geldbeutel des Judas. Links sehen wir einen Engel mit dem Schwert, mit dem Petrus dem Knecht Malchus das Ohr abgeschlagen hat. Über dem Portal befindet sich ein Relief der Grablegung Christi, gerahmt von zwei Balustersäulen. Die Steinmetzzeichen weisen auf die Torgauer Bildhauer Simon Schröter und Stephan Hermsdorf hin.
Die Torgauer Schlosskapelle ist der erste evangelische Kirchenbau in Deutschland. Martin Luthers Vorstellungen über einen Gottesdienstraum prägen die Kapelle und lassen sie zum Vorbild des protestantischen Kirchenbaues werden. Er selbst weihte die Kirche am 5. Oktober 1544 in einem feierlichen Gottesdienst ein. In seiner Festpredigt über das Sonntagsevangelium nach Lukas Kap. 14, Vers 1-11 schilderte er Wesen und Sinn des evangelischen Gottesdienstes." Es soll dies Haus dahin gerichtet sein, das nicht anderes darin geschehe, denn daß unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein heiliges Wort, und wir wiederum mit ihm reden durch Gebet und Lobgesang". Der Chor sang unter der Leitung von Johann Walter eine eigens für diese Feier komponierte, 7stimmige lateinische Motette über den Psalm 119: "Wohl denen, die ohne Tadel leben, die im Gesetze des Herrn wandeln." Hier werden der Kurfürst als "Defensor veri dogmatis" (Verteidiger wahren christlichen Glaubens) und Luther und Melanchthon als "Nostrae lumina Terrae" (Lichter, Retter unserer Erde) angesprochen. In einem Tischgespräch rühmte Luther den Kirchenbau mit den Worten: "Salomo hat nirgends einen so schönen Tempel gebaut, als Torgau hat."
Das Innere der Schlosskapelle ist im Wesentlichen so erhalten, wie ursprünglich ausgeführt. Der saalartige Bau mit zwei umlaufenden Emporen wird von einem gotischen Netzgewölbe überspannt. 1983/84 wurde die Schlosskapelle restauriert.
Die Kanzel als vorzügliche bildhauerische Arbeit stammt von Simon Schröter. Der Aufsatz des Kanzeldeckels, an dem auch Stephan Hermsdorf beteiligt war, ist nicht mehr erhalten. Ihre Gestalt und ihr Standort in der Mitte der elbseitigen Längswand verdeutlicht die zentrale Stellung der Predigt im evangelischen Gottesdienst. Am Kanzelkorb sind drei biblische Geschichten, die für das Anliegen der Reformation von Bedeutung sind, dargestellt. Das mittlere Feld zeigt den zwölfjährigen Jesus im Tempel. Er sitzt erhaben in der Mitte des Raumes unter einem Baldachin. Viele sehr charaktervolle Schriftgelehrte umgeben ihn, stellen Fragen, hören ihm zu, forschen und debattieren. Jesus weist mit eindeutiger Geste hin auf die Bibel. Sie ist allein Quelle und Maßstab christlichen Glaubens. "Sola scriptura" - allein die Schrift. Im linken, dem Altar zugewandten Bildfeld, sehen wir Jesus und die Ehebrecherin, Die Sünde wird verurteilt; der sündige Mensch aber soll nach Jesu Willen leben, Gnade erfahren und einen neuen Anfang finden. Gott will das Leben, nicht den Tod des Sünders. "Sola gratia" - allein aus Gnade werden wir gerecht. Das rechte Feld, das vor allem der Kurfürstenempore zugewendet ist, bringt die spannungsreiche Szene, wie Jesus die Krämer und Geldwechsler aus dem Tempel treibt. Gottes Wort ruft uns stets neu in Erinnerung "Mein Haus soll ein Bethaus sein und ihr habt eine Räuberhöhle daraus gemacht". Vor Gott kann sich kein Mensch Gerechtigkeit erkaufen. "Sola fide" - allein durch Glauben und Vertrauen werden wir gerecht. Die Aufgabe bleibt "ecclesia semper reformanda" - die Kirche braucht stets die Erneuerung.
Der Altar (Kopie, Original - Kriegsverlust) ist ein einfacher, freistehender, von vier Engeln getragener Tisch. Um ihn herum versammelt sich die Gemeinde zum Empfang des Heiligen Abendmahls.
Die Orgel über dem Altar stammt aus der Werkstatt des Orgelbaumeisters Peter Vier aus Friesenheim/Schwarzwald. Sie wurde am 2. Oktober 1994 eingeweiht. Sie entspricht in der technischen Ausführung und im Klang dem Stil der Renaissance. Die 21 Register der 3 Manuale sind mitteltönig gestimmt.
An der gegenüberliegenden Empore befinden sich die Wappen des Kurfürsten Johann Georg I. (*1585, 1611-1656) und seiner Gemahlin. Eine große Bronzetafel in der Werkstatt der Gebrüder Hilger in Freiberg 1545 gegossen, erinnert an die Einweihung der Schlosskapelle. Die lateinische Inschrift beinhaltet einen Lobpreis auf Kurfürst Johann Friedrich den Großmütigen; oben sein Bildnis, links und rechts seine Söhne Johann Friedrich und Johann Wilhelm, unten das Bildnis Martin Luthers.
In den Zeiten nach der Reformation diente die Schlosskapelle verschiedenen Zwecken: Ab 1736 ist sie unter Kurfürst Friedrich August II., dem Sohn und Nachfolger August des Starken, katholischer Gottesdienstraum, von 1919 bis 1926 Aula des Lehrerinnenseminars. Seit 1932 dient sie wieder der Torgauer evangelischen Gemeinde als Gotteshaus.
Im Frühjahr 2017 wurde die erneute Innenrenovierung der Schlosskirche abgeschlossen. Neben einer neuen Bestuhlung gibt es jetzt ein neues Lesepult und einen neuen Taufstein. Am 25. August 2017 wurde der "Dresdener Altar" während einer Festveranstaltung feierlich eingeweiht. Seine Geschichte ist eng mit der Schlosskirche verunden... → Geschichte Dresdener Altar (PDF-Dokument)
Oktober 2017: "luthERleuchtet" heißt die Lichtinstallation, die im Rahmen des Stadtfestes "Luthers Kirchweih" in der Schlosskirche vorgestellt wurde. Es ist ein Projekt des Evangelischen Kirchen Mitteldeutschland. Lichtkünstler Ingo Bracke präsentierte einen audiovisuellen Installations-Parcours. Von außen wurde Schloss Hartenfels von einer Lichtinstallation komplett eingehüllt. Auch im Inneren der Schlosskirche gab es so eine Show. Die Schlosskirche wurde unter Kurfürst Johann Friedrich den Großmütigen als erster evangelischer Kirchenbau errichtet und am 5. Oktober 1544 von Martin Luther persönlich eingeweiht. Dies wurde beim Reformationsjubiläum 2017 "Luthers Kirchweih" mit Lichtinstallationen, Konzert und bunten Markttreiben in Torgaus historischer Altstadet gefeiert. (Text + Foto: Kristin Engel | TZ)